Zu den wichtigsten und voraussetzungsvollsten Aufgaben im Studium gehört das Schreiben einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit. Für viele Studierende stellt sich dies als Herausforderung ersten Ranges dar (Lonka, Chow, Keskinen et al., 2014). In anderen europäischen Ländern steht die Ausbildung von wissenschaftlicher Schreibkompetenz („academic literacy“) in einer jahrzehntelangen Tradition. Unter dem Eindruck der vermehrten Kompetenzorientierung wird der Schreibberatung ein höherer Stellenwert zugwiesen. Neben dem „Kompetenzzentrum Schreiben“ wird an der Universität zu Köln ein breites Spektrum an Kursen angeboten. Sie sind meist auf spezifische Themen wie etwa wissenschaftliche Arbeitstechniken, Planungs- und Organisationsstrategien oder Strukturierungshilfen ausgerichtet. Demgegenüber steht ein prozessbegleitendes und auf empirische Arbeiten aus der Heilpädagogik und Rehabilitation zugeschnittenes Unterstützungsangebot noch weitgehend aus. Anknüpfend an diesen Bedarf wurde das modulare und verhaltensorientierte Programm „Scientific Sidekick“ aufgelegt und aktuell erprobt. Es verbindet Interventionsprinzipien aus der kognitiven Verhaltensmodifikation mit einer wissenschaftlichen Schreibförderung und adressiert den Fertigkeitserwerb ebenso wie schreibhemmende Denk- und Verhaltensgewohnheiten. Insgesamt 6 aufeinander abgestimmte Module bilden ein in sich geschlossenes Programm und gleichsam den Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit ab. Entsprechend wird das Schreiben der Problemstellung, Methodik und Diskussion jeweils in einzelnen Modulen vermittelt. Zu Anfang wird mithilfe einer Bedingungs- und Bedarfsanalyse das individuelle Schreibverhalten aufgeschlüsselt. Daraus gehen die situativen und habituellen Problembedingungen hervor, derentwegen das wissenschaftliche Schreiben schwer fällt. In einem Modul zum Bedingungsmanagement erfahren die Studierenden, wie sie günstige und schreibförderliche Bedingungen herstellen und sich von dysfunktionalen Kognitionen lösen können. Hier werden speziell schreibhemmende Mythen problematisiert „Ich muss in der richtigen Stimmung sein, um anständig schreiben zu können.“ Mehrere empirische Studien belegen die negativen Effekte solcher Kognitionen auf die Schreibleistung (Boice, 1985). Daher geht das Programm über ein herkömmliches Schreibtraining hinaus und auf verhaltensnahe Problemdimensionen beim Schreiben ein. Neben diesen Bereichen wird auch das Projekt- und Prozessmanagement bei der Ausarbeitung wissenschaftlicher Beiträge thematisiert. Abschließend erfolgt die Kontrolle der individuellen Zielerreichung sowie ein Blick zurück auf dem Weg nach vorn. Im Gruppensetting werden außerdem soziale Unterstützung, wechselseitige Validierung und ein offener Austausch erleichtert.
Boice, R. (1985). „The neglected third factor in writing: Productivity.” College Composition and Communication, 36 (4), 436-443
Lonka, K., Chow, A., Keskinen, J., Hakkarainen, K., Sandström, N., & Pyhältö, K. (2014). How to measure PhD. students’ conceptions of academic writing–and are they related to well-being?. Journal of Writing Research, 5, 245-269.
Zeitumfang: 45min
Zielgruppe: Studierende & Lehrende
Maximale Teilnehmer*innenzahl: keine Angabe
Start: 12:00Uhr
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